So langsam ist sie komplett, die Metamorphose: Infracom ist wohl schon ein Jazz Label. Immer mehr drängen die Neuveröffentlichungen das elektronische Element aus dem Repertoire – sicher auch eine Folge des Erfolgs des [re:jazz] Projekts. Das Matthias Vogt Trio setzt diese Entwicklung geradezu konsequent fort. Die Richtung lässt sich vor allem in den instrumentalen Stücken erkennen – Vogt schielt Richtung Schweden, schaut sich bei Esbjörn Svensson ab, wie man klassischen Trio Jazz mit Songstrukturen auflockert, ohne gleich gefällig zu werden. Hervorragend produziert, gefühlvoll eingespielt – nur Sänger hätte es nicht gebraucht. Dass Svensson immer noch eine Klasse besser ist, schmälert die Leistung in keiner Weise – der Vergleich ist schon ein Kompliment. Respekt!

LEVEL 47 - 02/06

Gäbe es Sender für Not-So-Easy Listening, Warp würde wohl locker die Hälfte des Katalogs stellen. Aphex Twin, Squarepusher, Two Lone Swordsmen und Prefuse 73 den ganzen Tag. Das wäre für Durchschnittshörer mit Vorliebe für gebügelte Arrangements natürlich Stress pur. Aber für unsereins, der es gern auch mal etwas schwerer hat und das Sportschaubier selbst aus dem Kühlschrank holt, für uns wäre das ein feiner Sender. Gut, die grauen Haare kommen etwas früher, aber das ist immer noch besser als langsam und unbemerkt mit dem Sofa zu verschmelzen. Wer denkt, dieses Album höre sich so an als hätte jemand eine prallgefüllte Kiste voller Samples ausgekippt, steht auch in Museen vor einem Pollock und sagt, das kann ich auch. Das ist Four Tet hoch drei. Mindestens.

LEVEL 47 - 02/06

Zu den Vielveröffentlichern gehört Rajko Müller alias Isolée ja eigentlich nicht. Immer mal wieder eine 12“, alle paar Jahre ein Album – da kommt nicht gerade Kaufstress auf. Es sei denn, man hat zu spät gemerkt, wie viel Größe in den unprätentiös dubbigen Minimalproduktionen des Frankfurters steckt. Dann blieb einem bisher nichts anderes übrig als in den Plattenregalen der Republik nach Glückstreffern zu wühlen oder bei Ebay auf Verrückte zu hoffen, die ihr kostbares Vinyl veräußern wollen. Bisher – denn jetzt gibt es mit „Western Store“ eine Werkschau mit allem, was Isolée in den Jahren 1997 bis 2003 so an Lauschenswertem fabriziert hat. Ein überaus sinnvolles und durchaus schönes Album, das so manche Sammlung komplettieren wird. Ehre wem Ehre gebührt.

LEVEL 47 - 02/06

Eigentlich haben sie ja ein wenig geschummelt, die Herren Friedman und Liebezeit. Denn bei der durchaus formidablen zweiten Auflage der geheimen Rhythmen bedienten sie sich fröhlich beim nicht minder beeindruckenden letzten Album von Nine Horses, einem Projekt, das vornehmlich von Friedman, David Sylvian und dessen Bruder Steve Jansen betrieben wird. Vor allem „The Librarian“ haben sie da entliehen, inklusive Sylvian als Sänger. Aber kein Grund zu meckern, kaum einer kennt die neun Pferde, und insbesondere dieses Stück ist es allemal wert, von der ganzen Welt gehört zu werden, wie das Album, das zeigt, dass wirklich gute Musik auch im Stillen zu beeindrucken weiß. Friedman und Liebezeit sind da ganz still und heimlich etwas Großem auf der Spur.

(LEVEL 47 - 12/05)